Archiv für die Kategorie Madrid im Winter bis Sommer 2010/2011

Witz für Kenner: Kaufe Papagei

Nur eine Klei­nig­keit, aber weil das nicht nur bei mir zu einem klei­nen Lach­an­fall geführt hat, will ich das hier ver­ewi­gen. Wer wenigs­tens mal eini­ge Tage öfter im Stadt­zen­trum an und um die Sol her­um war, wird wis­sen, auf was es anspielt.

(Für alle ande­ren: Hier lau­fen fast immer vie­le Leu­te her­um um schrei­en die gan­ze Zeit „Com­pro Oro, Oro, Oro!!!” („Ich kau­fe Gold, …”). Mit dem Gold­an­kauf kann man hier offen­bar gute Geschäf­te machen. (Wahr­schein­lich beson­ders mit den vie­len Immi­gran­ten, die fast nix, aber viel­leicht doch wenigs­tens eini­ge Rin­ge oder sons­ti­gen Schmuck haben.) Jeden­falls sind die­se Rufe hier äußerst… prä­sent, mas­siv, all­ge­gen­wär­tig, pene­trant, … „Com­pro Oro, Oro, Oro…” kommt schon fast in mei­nen Träu­men vor 😉 — Und genau das hat hier offen­bar ein Künst­ler parodiert.)

Fremdsprachen in Spanien: Nachwirkungen der Diktatur

Vor eini­gen Tagen unter­hielt ich mich in einer Bar mit einem Spa­ni­er auch eini­ge Zeit lang auf Eng­lisch. Auf sei­nen Wunsch, denn er woll­te dies üben. Dabei ist mir wie­der mal auf­ge­fal­len, wie unfass­bar schlecht doch die Fremd­spra­chen­kennt­nis­se sehr vie­ler (der meis­ten?) Spa­ni­er sind. Ich habe zum  Bei­spiel gut andert­halb Minu­ten und meh­re­re Rück­fra­gen und Umschrei­bun­gen gebraucht, um das Wort „job” zu ver­ste­hen, dass gespro­chen von ihm sich so unge­fähr wie „thjup” (mit deut­scher Aus­spra­che) anhör­te. So schlimm war zwar natür­lich nicht alles, aber es war auf gewis­se Wei­se schon recht anstren­gend… Das war auch nicht das ers­te Mal, dass mir so etwas passierte.

Er arbei­te­te übri­gens in einer gro­ßen Bank. Was ich ihm dem Gesprächs­in­halt und Rück­fra­gen nach auch abneh­me. Es passt auch wun­der­bar in mein Bild. Im Juni let­zen Jah­res war ich hier in einer gro­ßen Filia­le der Deut­schen Bank. Da ich die Bank­fach­be­grif­fe auf Spa­nisch nicht konn­te, fra­ge ich nach jeman­dem, der Eng­lisch spre­chen konn­te. Ich dach­te eigent­lich, das wäre kei­ne beson­de­re Anfor­de­rung. Es hat drei bis fünf Minu­ten gedau­ert, wäh­rend ein Mit­ar­bei­ter gerät­selt und unge­fähr ein Dut­zend Leu­te gefragt hat, und dann end­lich aus einem Büro jeman­den auf­trei­ben konn­te, mit dem ich halb­wegs spre­chen konnte.

Am glei­chen Abend habe ich mich auch mit einer Spa­nie­rin unter­hal­ten, die mir einen schon län­ger geheg­ten Ver­dacht bestä­tig­te: Dass Fremd­sprach­un­ter­richt in Spa­ni­en erst eini­ge Zeit nach der Tran­si­ción (dem Über­gang von der Fran­co-Dik­ta­tur zur par­la­men­ta­ri­schen Demo­kra­tie) ein­ge­führt wur­de. Also gegen Mit­te der 1980er Jah­re. Das heißt, dass nur die maxi­mal 30 Jah­re alten Spa­ni­er Fremd­sprach­un­ter­richt in der Schu­le hat­ten (bezie­hungs­wei­se die­je­ni­gen, die frü­hes­tens um 1985 bzw. 1990 her­um in die Schu­le gin­gen). Aus­nah­men davon sind natür­lich die­je­ni­gen Spa­ni­er, die im Tou­ris­mus­ge­wer­be arbei­ten und schon frü­her Sprach­kur­se mach­ten. Das erklärt einiges.

<satire>Wenn man also bereits kom­ple­xe Sach­ver­hal­te wie „good” und „well” aus­ein­an­der­hal­ten kann, gilt man hier bereits als eng­li­scher Mut­ter­sprach­ler. Ich soll­te mal an eini­gen Stel­len mei­ne Pro­fi­le ändern…</satire>

Zwischen Zug und Flugzeug

Die Ver­kehrs­mit­tel für den öffent­li­chen Per­so­nen­nah­ver­kehr sind hier die glei­chen wie in Deutsch­land. Für den Fern­ver­kehr gibt es aber nicht nur Flug­zeu­ge und Eisen­bah­nen, son­dern auch Fernbusse.

Die­se Gat­tung des Fern­ver­kehrs hat­te ich anfangs über­haupt nicht im Sinn, als ich mich nach Rei­se­mög­lich­kei­ten von Madrid aus infor­mier­te. Wäh­rend in Spa­ni­en (und angeb­lich auch in Ita­li­en) die­ses Ver­kehrs­mit­tel stark genutzt wird, ist es mir in Deutsch­land prak­tisch unbe­kannt. Die ein­zi­gen Fern­bus­fahr­ten, die ich dort unter­nahm, waren „Spe­zi­al­fahr­ten” zu bestimm­ten Zie­len wie Freizeitparks.

Nach­dem ich vor­hin einen Arti­kel über ein Inter­view mit dem Ver­kehrs­mi­nis­ter auf Spie­gel Online gele­sen habe, weiß ich jetzt auch, wie­so: Die Ein­rich­tung von Fern­bus­li­ni­en ist in Deutsch­land prak­tisch ver­bo­ten! „Prak­tisch” heißt in die­sem Fall laut dem Arti­kel Fern­bus­li­nie in der Wiki­pe­dia, dass Fern­bus­li­ni­en nicht in Kon­kur­renz zum Schie­nen­ver­kehr ste­hen dür­fen. Wenn also in einer Gegend wenigs­tens ein Bahn­hof alle zwei Stun­den einen Zug begrüßt, darf dort kei­ne Fern­ver­kehrs­bus­li­nie hal­ten. (Dar­aus folgt unmit­tel­bar: Kei­ne Konkurrenz!)

Jetzt ist mir auch klar, wes­we­gen die Deut­sche Bahn in eini­gen Gegen­den selbst Bus­li­ni­en betreibt: Die wol­len kei­nes­falls Kon­kur­renz ent­ste­hen las­sen, die dazu füh­ren könn­te, dass Unter­neh­men her­an­wach­sen, die irgend­wann poli­ti­schen Druck zur Auf­he­bung des Ver­bo­tes erzeu­gen könnten.

Wobei ich die Argu­men­te mit den ver­stopf­ten Auto­bah­nen ja durch­aus ver­ste­he, unter denen Fern­ver­kehrs­bus­se auch zu lei­den hät­ten. War­um das in ande­ren Län­dern funk­tio­niert bezie­hungs­wei­se zu funk­tio­nie­ren scheint, weiß ich nicht.

Ich fin­de es hier jeden­falls sehr gut, noch etwas zwi­schen Zügen und Flug­zeu­gen zu haben. Allei­ne, weil Zug­fahr­ten hier sehr teu­er sind. (Gut, in Deutsch­land viel­leicht auch…) So teu­er sogar, dass ich bei mei­ner Rei­se­pla­nung fest­ge­stellt habe, dass es in jedem ein­zel­nen Fall deut­lich teu­rer wäre, nicht mit dem Flug­zeug zum Ziel zu rei­sen (dabei liegt Madrid schon mit­ten im Land!) — und Bil­lig­flie­ger habe ich mir noch gar nicht ange­schaut! Bus­fern­rei­sen wer­de ich hier jeden­falls die nächs­ten Mona­te sicher­lich noch eini­ge unternehmen.

Zeitgefühl I: Über Fahrpläne, die keine sind

Der Umgang mit der Zeit ist hier anders als in Deutsch­land. Damit mei­ne ich nicht nur die Unter­schie­de zwi­schen „deut­scher” und „spa­ni­scher” Pünkt­lich­keit. („Wir tref­fen uns um fünf” heißt in Deutsch­land „wir tref­fen uns um fünf, und wenn ich 30 Minu­ten vor­her mer­ke, dass ich fünf Minu­ten spä­ter kom­men wer­de, rufe ich schon mal an und ent­schul­di­ge mich”; „wir tref­fen uns um fünf” heißt hier „wir tref­fen uns wahr­schein­lich, falls nicht wenigs­tens etwas halb-wich­ti­ges dazwi­schen kommt, zwi­schen Vier­tel nach fünf und kurz vor sechs.”) Son­dern auch den ande­ren Umgang mit der Zeit in wei­te­ren Situationen.

Gene­rell kommt mir die Zeit hier viel „dyna­mi­scher” und „fle­xi­bler” vor. Nicht so „hart” und „final” wie bei uns. Dar­über wer­de ich dem­nächst eini­ge Bei­trä­ge verfassen.

Ein ers­tes Bei­spiel dafür sind die Bus­fahr­plä­ne, die jedoch ein Deut­scher kaum als „Fahr­plan” bezeich­nen wür­de. Auf ihnen fin­det man kei­ne Abfahrt­zei­ten. Nur die Infor­ma­ti­on des Tak­tes am Mor­gen, Mit­tag und Abend. Man stellt sich also an einer Hal­te­stel­le an und war­tet, bis irgend­wann ein Bus kommt. Das Kon­zept „Unpünkt­lich­keit” gibt es so über­haupt nicht. Ein Bus kommt ein­fach „irgend­wann dem­nächst”. Und zwar nie unpünktlich. 😉

Spaß mit dem Akzent

Es gibt eini­ge Wör­ter im Spa­ni­schen, die ihre Bedeu­tung durch die Akzent­set­zung ver­än­dern. Das ist erst ein­mal eigent­lich nichts neu­es; schließ­lich bekommt man rela­tiv schnell bei­gebracht, dass Fra­ge- und Aus­ru­fe­wör­ter mit Akzent geschrie­ben wer­den. Sieht man also ein Fra­ge- oder Aus­ru­fe­zei­chen, schreibt man halt qué statt que, cómo statt como, quién statt qui­en, usw.

Beach­tet man dies nicht, bemerkt ein Mut­ter­sprach­ler zwar den Feh­ler, weiß aber auch sofort, was eigent­lich gemeint war. Es gibt aber auch eini­ge Wör­ter, die im Prin­zip gleich geschrie­ben wer­den, aber mit einem Akzent eine völ­lig ande­re Bedeu­tung bekom­men. Was durch­aus lus­tig sein kann. (Naja, je nach Stand­punkt…) Eini­ge Beispiele:

 

Was man geschrie­ben hat Was man geglaubt hat zu schreiben Was man geschrie­ben hat
¡Quie­ro posó! Ich will Ruhe! Ich will Haarschmuck!
Mi papa me reco­ge­ré despúes. Mein Vater holt mich nach­her ab. Mein Papst holt mich nach­her ab.
Allí esta mi pate. Da ist mein Taufpate. Da ist mei­ne Leberpastete.
Mi mama va de com­pras muchos veces. Mei­ne Mut­ter geht oft einkaufen. Mei­ne (weib­li­che) Brust geht oft einkaufen.
¡Del­an­te se ocul­ta un húmero! Da vor­ne ver­steckt sich ein Fuchs! Da vor­ne ver­steckt sich ein Oberarmknochen!
Colon des­cu­brió Amé­ri­ca otra vez. Kolum­bus ent­deck­te Ame­ri­ka wieder. Der Grimm­darm ent­deck­te Ame­ri­ka wieder.

 

Um mir dar­über einen Über­blick zu ver­schaf­fen, habe ich mir vor­hin ein klei­nes Perl-Skript geschrie­ben, dass mir aus einer Wör­ter­buch­da­tei alle gleich geschrie­be­nen Wör­ter ohne Berück­sich­ti­gung der Akzen­te ausgibt.

Das Ergeb­nis kann hier als ODS-Datei (Open­Of­fice Tabel­le) betrach­tet wer­den. (Ja.… ich hab’ jetzt kei­ne Zeit mehr dazu, den Inhalt hier schön ins Blog einzufügen.)

Sprachlernvergleich

Sprache lernen ist wie Schwimmen lernen.

(Ursprungst­weet)