Archiv für die Kategorie Madrid im Winter bis Sommer 2010/2011

Toledo

Fünf bis sie­ben Mal fuhr ich wäh­rend mei­nes Auf­ent­halts in Madrid ins nahe Tole­do — der alten Haupt­stadt der kas­til­li­schen Kro­ne. Von Madrid aus kann man es mit Fern­bus­sen in gut einer Stun­de errei­chen (für 8 Euro hin- und zurück) und ist defi­ni­tiv mehr als nur eine Rei­se wert. Die Alt­stadt liegt auf einer Anhö­he, die von drei Sei­ten von dem Fluss Tajo (gespro­chen: Tacho) umflos­sen wird. Außer weni­gen Plät­zen ist die Stadt ver­win­kelt und vol­ler enger Gas­sen mit alter­tüm­li­chen Häu­sern und teils sehr auf­wen­dig gestal­te­ten Fas­sa­den. Die engen Gas­sen sor­gen auch dafür, dass sich die Luft dort nicht zu sehr erhitzt. Abwechs­lung von dem Stadt­kern gibt es am Ufer des Tajo, durch den man am Fuße der Stadt fast ein­mal kom­plett um eben die­se lau­fen kann. Ich mag Tole­do und wer­de es sicher­lich noch öfters besu­chen. Wegen der Land­schaft ist es auch pho­to­gra­phisch dort wun­der­bar. Im fol­gen­den fin­det ihr eini­ge mei­ner Ein­drü­cke. Lei­der ist Tole­do auch die­je­ni­ge Stadt, die mei­ne DSLR be… hm.… „unter­was­sert” hat :-(. Sobald ich wie­der eine Kame­ra haben und mein Pho­to­blog fer­tig sein wird, wird es von mir noch einen Nach­schlag geben. 🙂 Wei­te­re Pho­tos fin­det ihr zum Bei­spiel bei flickr und im spa­nisch­spra­chi­gen Wiki­pe­dia-Ein­trag.

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Qualitätsindikatoren für Bars und Restaurants

Das Aus­ge­hen in die all­ge­gen­wär­ti­gen Bars und Restau­rants gehört in Spa­ni­en zum All­tag. Das ist auch gera­de des­halb mög­lich, weil Bar-Besu­che und „nor­ma­le” Geträn­ke und Spei­sen dort in der Regel nicht teu­er sind. Gera­de in Regio­nen mit vie­len Tou­ris­ten gibt es jedoch vie­le Tou­ris­ten­fal­len, die teu­er und / oder schlecht sind. Im Lau­fe der Zeit habe ich ein Auge dafür bekom­men, wel­che Eigen­schaf­ten auf eine gute Bar hin­wei­sen. Die­se haben mir beson­ders in den letz­ten Mona­ten stark gehol­fen. Sie sind natür­lich ohne Gewähr für den kon­kre­ten Einzelfall.

  • Je dre­cki­ger es unter dem Tisch ist, des­to bes­ser. Ja, das hört sich erst mal komisch an. In den „typi­schen” gute, spa­ni­schen Bars ist das aber fast immer der Fall gewe­sen. In den Tou­ris­ten­fal­len ist hin­ge­gen immer alles sehr sauber.
  • Es kann ein schlech­tes Zei­chen sein, wenn man gro­ße Wer­bung für Pael­la ent­deckt. Pael­la stammt aus Valen­cia und wird pri­mär dort geges­sen. (Für die­se Regi­on gilt die­ser Hin­weis also natür­lich nicht.) Gro­ße Hin­weis­schil­der für Pael­la sind mei­ner Erfah­rung nach ein gutes Zei­chen für (Tief­kühl-) Tou­ris­ten­ge­rich­te. Ich habe sie auch prak­tisch immer nur in Tou­ris­ten­hoch­bur­gen gese­hen. (In Valen­cia war ich bis­her noch nicht.)
  • Vor­sicht vor gedeck­ten Tischen. Wenn ein Tisch bereits fer­tig gedeckt ist, wird oft eine Pau­scha­le für das Gedeck berech­net (1−2 Euro, auf den Begriff cubier­to in der Spei­se­kar­te achten.)
  • Wenn man nur eine Klei­nig­keit essen will, soll­te es in der Bar eine Bar geben. Dort gibt es in der Regel auch typi­sche und güns­ti­ge Gerich­te wie Boca­dil­los, Tor­til­las oder Tapas. Oft kann man dort auch die Men­ge wäh­len. Also etwa eine „Tor­til­la Espa­ño­la” als „Tapa” (wenig auf einem klei­nen Tel­ler, dafür sehr güns­tig), „1/2 Ración” (mitt­le­rer Tel­ler) oder Ración (viel!) bestellen.

Zusätz­lich soll­te man natür­lich noch auf all­ge­mei­ne Eigen­schaf­ten ach­ten; etwa, dass ein Restau­rant wahr­schein­lich nicht so gut ist, wenn die Spei­se­kar­te sehr umfang­reich ist (was oft auf Tief­kühl­ge­rich­te hin­aus­läuft). Wenn mir noch wei­te­res dazu ein­fal­len soll­te, wer­de ich die­sen Bei­trag aktua­li­sie­ren. Wenn dir dazu etwas ein­fällt, schrei­be es doch gleich als Kom­men­tar dazu.

Wieder zu Hause

Das war’s. Wo ist die Zeit hin­ge­gan­gen? Ich bin doch erst vor ein paar Wochen nach Madrid gezo­gen, oder?! Ich bin wie­der zu Hause.

Es ist ein komi­sches Gefühl; eine Mischung aus Tren­nungs­schmerz von einer Stadt und vie­len wun­der­ba­ren Men­schen, die ich ken­nen­ler­nen durf­te, und dem guten Gefühl, wie­der in ver­trau­ter Umge­bung zu sein. Mit eben­falls vie­len wun­der­ba­ren Men­schen, auf die ich mich min­des­tens genau­so freue, wie ich es bedau­re, hier ande­re Men­schen „zurück zu las­sen” (?). Es ist trau­rig zu gehen und schön, wie­der zu kom­men. Komisch.

Aber es ist auch nicht wirk­lich ein „har­tes Ende”. Ich wer­de sicher­lich noch etli­che Male nach Madrid flie­gen und dort vie­le Leu­te wie­der­se­hen. Zudem freut es mich, dass eini­ge dem­nächst nach Deutsch­land kom­men wer­den, für Prak­ti­ka und um zu arbei­ten. Arbeit gibt’s in Spa­ni­en ja aktu­ell nicht gera­de aus­rei­chend, beson­ders für jun­ge Men­schen. Ich wer­de hier also schon in eini­gen Mona­ten eini­ge Men­schen wie­der­se­hen — die sogar um die Ecke im Rhein-Main-Gebiet woh­nen wer­den. Eine wird wahr­schein­lich sogar in Darm­stadt arbei­ten. Praktisch! 🙂

Die­ses Blog wer­de ich wei­ter­füh­ren. Ich habe noch vie­le Noti­zen, aus denen Bei­trä­ge ent­ste­hen sol­len. Ich ärge­re mich etwas über mich selbst, dass ich im Juni nicht mehr die Zeit und Lust gefun­den habe, dass alles noch zu schrei­ben. Naja.

Einen aus­führ­li­chen Rück­blick will ich noch schrei­ben. Die Zusam­men­fas­sung wird sein: Es hat sich alles gelohnt. Und es war ins­be­son­de­re eine exzel­len­te Ent­schei­dung, alles ohne „Hil­fe” des Fach­be­reichs selbst zu machen.

Jetzt brau­che ich erst mal etwas Ruhe zur „Neu­or­ga­ni­sa­ti­on”. Zum Ankom­men in „der Ver­gan­gen­heit” (von der Umge­bung her). Irgend­wie fühlt es sich so an. Dabei wird die Zukunft auch in „alter Umge­bung” sicher­lich nicht mehr so wer­den, wie die Ver­gan­gen­heit dort war. Naja. Mal sehen.

Die Hefe gärt

Wie ange­kün­digt hat die Bewe­gung 15M letz­ten Sonn­tag die Puer­ta del Sol geräumt. Jeden­falls größ­ten­teils. Unge­fähr zwei dut­zend Zel­te sind noch zu sehen und es soll noch eini­ge Tage ein klei­ner Info-Stand blei­ben. An eini­gen Stel­len liegt noch gesam­mel­ter Müll. Auf der Ver­samm­lung vom letz­ten Diens­tag, auf der der Abzug (bzw. „Umzug” in die Vier­tel; sie­he unten) beschlos­sen wur­de, wur­de ange­kün­digt, die Sol sau­be­rer zu hin­ter­las­sen als sie vor­her war. Größ­ten­teils wur­de das Wort gehal­ten; selbst die Glas­fa­sa­de eines Metro-Ein­gangs strahlt in neu­em Glanz. (Ich gehe davon aus, dass der rest­li­che Müll dem­nächst eben­falls von der Bewe­gung ent­fernt wird.)

Im fol­gen­den sind eini­ge Ein­drü­cke von heu­te festgehalten.

Am Fuße der zen­tra­len Rei­ter­sta­tue von Karl III. von Spa­ni­en befin­det sich nun eine offen­bar von der Bewe­gung instal­lier­te „Gedenk­ta­fel” mit der Auf­schrift „Wir schla­fen. Wir erwa­chen.” (Dar­un­ter steht etwa „Genom­me­ner Platz”, eine Anspie­lung auf den eben­falls ver­brei­te­ten Namen der Initia­ti­ve Toma la pla­za.)

An eini­gen Wän­den, meh­re­re Meter lang und ca. 2 Meter hoch, erin­nern unter ande­rem Wün­sche, For­de­run­gen und Rück­bli­cke an die Beset­zung der Sol. (Auf das Pho­to kli­cken für vol­le Grö­ße; eini­ges steht auch auf Eng­lisch dort.)

Obi­ges ist das ein­zi­ge noch an der Rei­ter­sta­tue hän­gen­de Pla­kat, das an die Bewe­gung erin­nert. Freie Über­set­zung (auf die Schnel­le und ohne Gewähr, vor allem der drit­te Absatz ist so nicht ganz rund) des Tex­tes von Rafa­el G.:

Die Hefe

Die Jugend­li­chen aller Län­der und Rassen,
an einem Mai-Tag des ver­gan­ge­nen Zeitalters,
ver­schwan­den in einem lan­gen Winterschlaf.

Sie gru­ben die Blu­men frü­he­rer Mai-Tage aus;
sie stürz­ten auf zur Erobe­rung auf die Stra­ßen und Plätze,
teil­ten gemein­sa­me Illu­sio­nen und ver­ges­se­ne Utopien,
und gaben der Welt eine schö­ne Lektion:
‚Wir sind die Hefe, die den Brot­teig wach­sen lässt.’

Kin­der und Enkel­kin­der von ande­ren, frus­trie­ren­den Utopien,
erho­ben sich aus den kar­gen Boden der Schande,
für ver­damm­te Bewoh­ner ohne Gewissen.
Und es spros­sen jene alten Körner,
die mit so viel Lie­be ande­re Jugend­li­chen ansteckten.
In die­sen Stra­ßen, Plät­zen und Alleen.

Die­se Jugend­li­chen tra­gen die Zukunft in ihren Adern,
bereit, für ihre Nachkommen,
eine gerech­te­re, glei­che­re­re Gesell­schaft zu schaffen;
Eine Gesell­schaft, frei von Blut­saugern und Opportunisten.
Sie sind nicht so alt und doch schon erwachsen.

Die Hefe, die den Brot­teig wach­sen lässt.’ ”


„Wir sehen uns in den Stadt­vier­teln!” — Es soll wei­ter­hin Ver­samm­lun­gen geben, um das Poten­ti­al auf­recht zu erhal­ten. Aller­dings dezen­tral in den Stadt­vier­teln. Lei­der hab ich auch das letz­te Tref­fen am Sams­tag ver­passt, aber ich will da noch mal hin­ge­hen. Wobei ich, wie ich im letz­ten Bei­trag schon schrieb, vor Herbst nichts span­nen­des mehr erwarte.

Bewegung 15M: Pause oder Ende?


Die Demons­tra­tio­nen der Bewe­gung 15M dezen­tra­li­sie­ren sich mei­nem Ein­druck nach immer mehr. Ges­tern Abend haben die Demons­tran­ten, die seit dem 15. Mai die Puer­ta del Sol besetzt hal­ten, durch Abstim­mung beschlos­sen, die Sol am nächs­ten Sonn­tag zu räumen.

Ich ver­mu­te, ein gewich­ti­ger Grund für die­se Ent­schei­dung liegt dar­in begrün­det, dass die Pro­tes­te stark stu­den­tisch geprägt sind und die­se nun kaum noch Zeit haben. Hin­ter­grund: Es gibt hier kei­ne Semes­ter, man zählt in Stu­di­en­jah­ren. (Umgangs­sprach­lich kor­rekt, aber „tech­nisch” wird auch von Semes­tern gere­det.) Ein Stu­di­en­jahr beginnt im Sep­tem­ber und hört Ende Juni auf. In den meis­ten Stu­di­en­gän­gen fin­den fast alle Prü­fun­gen eines Stu­di­en­jah­res gegen Mit­te bis Ende Juni statt — jetzt!. Wenn man das im Hin­ter­kopf hat, kann man die Ent­schei­dung wahr­schein­lich nach­voll­zie­hen. Und im Juli und August sind dann beson­ders vie­le Stu­den­ten nicht mehr in Madrid oder ande­ren Städ­ten, son­dern bei ihren Eltern und / oder an der Küste.

Ich per­sön­lich glau­be aber nicht, dass dies das Ende ist. Es ist nur wahr­schein­lich das Ende die­ser Etap­pe. Die Pro­ble­me sind wei­ter­hin alle vor­han­den, die Wut vie­ler auf „das Sys­tem”™ scheint durch die ernüch­tern­den Wah­len vom 22. eher noch gestie­gen zu sein. Die (Netz-) Struk­tu­ren und das Mobi­li­sie­rungs­po­ten­ti­al wer­den blei­ben und so hal­te ich es für wahr­schein­lich, dass die Pro­tes­te in nähe­rer Zukunft wie­der auf­flam­men wer­den. Viel­leicht schon im Herbst.

Wer sich noch ein Bild der Pro­tes­te der letz­ten Wochen machen will, dem emp­feh­le ich The Spa­nish Pro­tests auf TotallyCoolPix.com.

Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in Spanien

Mensch­li­che Arbeit ist hier rela­tiv bil­lig. Das Wort „Wirt­schafts­kri­se” ist seit Jah­ren in aller Mun­de und zudem gibt es in Madrid sehr vie­le Immi­gran­ten aus Süd- und Mit­tel­ame­ri­ka. Über bil­li­ge Arbeits­kräf­te zur Müll­sor­tie­rung habe ich schon geschrie­ben. Wei­te­re Bei­spie­le: Eine gro­ße Lot­to-Gesell­schaft hat hier an jeder fünf­ten Stra­ßen­ecke ein Ver­kaufs­häus­chen, in dem sich die Ver­käu­fer nach mei­ner Beob­ach­tung meis­tens lang­wei­len. Park­ar­bei­ter für Gar­ten­ar­beit sehe ich meist „im Rudel” und oft bei der Pau­se. Arbeit für wahr­schein­lich tau­sen­de bie­ten auch Gas‑, Ener­gie- und Was­ser­un­ter­neh­men: In mei­ner Woh­nung kommt fast jeden Monat jemand vor­bei, um genau einen Zäh­ler­stand abzu­le­sen. Spä­ter kommt dann jemand ande­res, um einen ande­ren Zäh­ler­stand abzulesen. ?!

Es kommt mir mitt­ler­wei­le so vor, dass eine höhe­re Pro­duk­ti­vi­tät nicht wirk­lich ange­strebt wird, weil man dann nicht weiß, was man mit den vie­len Men­schen machen soll.