Mit Gesellschaft gekennzeichnete Beiträge
Über das Verhalten von Südeuropäern im Straßenverkehr gibt es ja in Deutschland einige Vorurteile. Drei Beobachtungen dazu:
- An einer Kreuzung ist es für Autos gerade rot geworden. Ein Fahrschulauto fährt heran, bremst ab. Fahrlehrer winkt zum Fahrschüler, er solle noch weiter fahren. Sind ja noch keine Fußgänger auf der Straße. (Siehe Spruch-Artikel)
- Ich laufe gegen 3:30 Uhr nach Hause und überquere eine Kreuzung, die zufälligerweise sogar grün für mich anzeigt. Aufgrund einer Baustelle in der Mitte der Straße hat man keinen Blick auf die zweite Spur. Eine Polizeistreife ohne Signal fährt ungefähr zwei Meter vor mir noch seelenruhig und recht langsam über die rote Ampel (für die zwei Meter hätte ich ja sowieso noch eine Minute gebraucht…). Ich schaue die Beamten im Auto komisch an, sie schauen gelangweilt zurück.
- Eine Fußgängerampel wird für die Autos rot. Ein herankommendes Auto beschleunigt und zeigt durch Hupen an, dass es noch vor den Fußgängern über die Ampel möchte. Dem Wunsch wird entsprochen; die ca. fünf anderen Personen finden das scheinbar nicht ungewöhnlich und bleiben trotz grün noch einen Augenblick länger stehen.
Trotz dieser Mentalität gibt es hier aber nicht so extrem viele Unfälle, wie erschrockene Deutsche schnell annehmen würden. Die Menschen passen im Straßenverkehr einfach besser auf. Mir ist die letzte Zeit aufgefallen, dass ich niemanden beobachten konnte, der bei grün einfach so über die Straße geht. Man geht über die Straße, wenn sie frei ist. Wenn sich „von weitem” Autos androhen, hört man eher mal auf die Ampel. Ansonsten schaue ich auch meistens nur noch in beide Richtungen und gehe über die Straße.
Ein Nebeneffekt davon ist, dass sich das über-die-Straße-gehen nicht auf die Fußgängerfurten beschränkt. Man geht einfach überall über die Straße. Das ist auch recht effizient, da man einfach auf eine leere Straße wartet und dann rübergeht, ohne an einem definierten „Übergangspunkt” auf ein Signal zu warten. Ich habe hier noch nie Autofahrer hupen hören, weil plötzlich wieder Fußgänger spontan die Straße wechselten. Die Fahrer rechnen halt immer damit.
Letztendlich aber gefällt mit das „deutsche System” besser. Wobei ich mich wahrscheinlich in Deutschland erst mal wieder daran werde gewöhnen müssen. Genauso wie Müll…äh…trennung.
Wer noch etwas mehr darüber lesen will, gehe zu dem Artikel Achtung Straßenverkehr (mit den Kommentaren!) auf Madrid für Deutsche. Aus diesem Artikel: „Hupen gilt für mich nicht als Kommunikationsmittel.” *g*
Noch kurz dazu: In der nicht weit von Madrid entfernten ehemaligen Hauptstadt Spaniens, Toledo, ist es oft sehr nebelig. Damit meine ich wirklich nebelig. (Auf dem Photo ist es nicht so nebelig.) An einigen Zebrastreifen gibt es blinkende Lichter auf der Straße, weil Autofahrer sonst kaum eine Chance hätten, die Übergänge zu erkennen. Gute Idee!
Sonntag, 20. Februar 2011 | Abgelegt unter
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Kürzlich habe ich mich hier mit einem Studenten unterhalten, der ein halbes Jahr lang in Hamburg lebte. Etwas, das ihn besonders beeindruckte, war das Vertrauen, das man in Deutschland fremden Menschen entgegenbringt.
Kaum Sicherheitspersonal in Geschäften! Weder in kleinen noch in großen! Keine Einlasskontrollen an Supermärkten, die mitgebrachte Rucksäcke „versiegeln” oder Taschen gleich komplett in eine „Schutzfolie” einschweißen — man darf sogar eigene Tüten mitbringen! Nicht überall Kameras auch in in den kleinsten Ecken! Keine permanenten Hinweise mitten in Regalen, die auch demente Menschen alle paar Minuten an die elektronische Sicherheitsvorrichtungen an den Waren erinnern! Kaum Sicherheitspersonal in den Bahnen! (Jedenfalls im Vergleich zu hier.) Man kann sogar in Bahnen steigen, ohne durch Sicherheitssperren zu müssen! Und in Bussen (zumindest tagsüber) auch hinten einsteigen! …
Angeblich — das kann ich natürlich nicht überprüfen — habe er es sogar mal ausprobiert und in einem Geschäft einige Sachen in aller Seelenruhe, ohne sich zu verstecken, in seinen Rucksack gesteckt und damit rausgegangen, ohne das es jemanden interessiert hätte. „In Deutschland erwartet man, dass die Menschen ehrlich sind; alles andere darf es nicht geben und gibt es damit auch nicht.” (Sinngemäße Wiedergabe; kein wörtliches Zitat.)
Nachdem ich so darüber nachgedacht (und mit ihm etwas diskutiert) habe, sehe ich es tendenziell auch so. Wobei die „Ausprägungen des Misstrauens” in einer Weltstadt wie Madrid mit relativ hohem Ausländeranteil natürlich stärkeren Ausdruck finden. Aber auch außerhalb Madrids wäre das ähnlich, wenn auch nicht so schlimm. Kann sein. Ich werde das mal im Auge behalten…
Bitte merken: Spanien != warm != Strand. Jedenfalls nicht zwingend. Das Bild Spaniens ist bei vielen Deutschen doch arg beschränkt.
(Ursprungstweet)
Mittwoch, 26. Januar 2011 | Abgelegt unter
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Vor einigen Tagen unterhielt ich mich in einer Bar mit einem Spanier auch einige Zeit lang auf Englisch. Auf seinen Wunsch, denn er wollte dies üben. Dabei ist mir wieder mal aufgefallen, wie unfassbar schlecht doch die Fremdsprachenkenntnisse sehr vieler (der meisten?) Spanier sind. Ich habe zum Beispiel gut anderthalb Minuten und mehrere Rückfragen und Umschreibungen gebraucht, um das Wort „job” zu verstehen, dass gesprochen von ihm sich so ungefähr wie „thjup” (mit deutscher Aussprache) anhörte. So schlimm war zwar natürlich nicht alles, aber es war auf gewisse Weise schon recht anstrengend… Das war auch nicht das erste Mal, dass mir so etwas passierte.
Er arbeitete übrigens in einer großen Bank. Was ich ihm dem Gesprächsinhalt und Rückfragen nach auch abnehme. Es passt auch wunderbar in mein Bild. Im Juni letzen Jahres war ich hier in einer großen Filiale der Deutschen Bank. Da ich die Bankfachbegriffe auf Spanisch nicht konnte, frage ich nach jemandem, der Englisch sprechen konnte. Ich dachte eigentlich, das wäre keine besondere Anforderung. Es hat drei bis fünf Minuten gedauert, während ein Mitarbeiter gerätselt und ungefähr ein Dutzend Leute gefragt hat, und dann endlich aus einem Büro jemanden auftreiben konnte, mit dem ich halbwegs sprechen konnte.
Am gleichen Abend habe ich mich auch mit einer Spanierin unterhalten, die mir einen schon länger gehegten Verdacht bestätigte: Dass Fremdsprachunterricht in Spanien erst einige Zeit nach der Transición (dem Übergang von der Franco-Diktatur zur parlamentarischen Demokratie) eingeführt wurde. Also gegen Mitte der 1980er Jahre. Das heißt, dass nur die maximal 30 Jahre alten Spanier Fremdsprachunterricht in der Schule hatten (beziehungsweise diejenigen, die frühestens um 1985 bzw. 1990 herum in die Schule gingen). Ausnahmen davon sind natürlich diejenigen Spanier, die im Tourismusgewerbe arbeiten und schon früher Sprachkurse machten. Das erklärt einiges.
<satire>Wenn man also bereits komplexe Sachverhalte wie „good” und „well” auseinanderhalten kann, gilt man hier bereits als englischer Muttersprachler. Ich sollte mal an einigen Stellen meine Profile ändern…</satire>
Montag, 17. Januar 2011 | Abgelegt unter
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Der Umgang mit der Zeit ist hier anders als in Deutschland. Damit meine ich nicht nur die Unterschiede zwischen „deutscher” und „spanischer” Pünktlichkeit. („Wir treffen uns um fünf” heißt in Deutschland „wir treffen uns um fünf, und wenn ich 30 Minuten vorher merke, dass ich fünf Minuten später kommen werde, rufe ich schon mal an und entschuldige mich”; „wir treffen uns um fünf” heißt hier „wir treffen uns wahrscheinlich, falls nicht wenigstens etwas halb-wichtiges dazwischen kommt, zwischen Viertel nach fünf und kurz vor sechs.”) Sondern auch den anderen Umgang mit der Zeit in weiteren Situationen.
Generell kommt mir die Zeit hier viel „dynamischer” und „flexibler” vor. Nicht so „hart” und „final” wie bei uns. Darüber werde ich demnächst einige Beiträge verfassen.
Ein erstes Beispiel dafür sind die Busfahrpläne, die jedoch ein Deutscher kaum als „Fahrplan” bezeichnen würde. Auf ihnen findet man keine Abfahrtzeiten. Nur die Information des Taktes am Morgen, Mittag und Abend. Man stellt sich also an einer Haltestelle an und wartet, bis irgendwann ein Bus kommt. Das Konzept „Unpünktlichkeit” gibt es so überhaupt nicht. Ein Bus kommt einfach „irgendwann demnächst”. Und zwar nie unpünktlich. 😉
Samstag, 15. Januar 2011 | Abgelegt unter
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Das Verhalten der Fahrgäste beim Einsteigen ist hier anders als in Deutschland. (Zumindest kenne ich es so nicht bei uns.)
In die Busse darf man nur vorne einsteigen, da man beim Fahrer eine Fahrkarte kaufen oder seine Tages-/Monats-/Sonstwas-Karte in ein Lesegerät stecken muss, dass bei einer gültigen Fahrkarte einen Piepston von sich gibt. So weit, so gut. Das ist in Deutschland ja oft auch so; in Darmstadt zum Beispiel im Regionalverkehr zu später Stunde.
Aber in Deutschland stellt man sich normalerweise „ohne Ordnung” an eine Haltestelle. Hier nicht: Der erste stellt sich ziemlich genau an das Ende der Haltestelle, an der die vordere Tür zum Einsteigen halten wird. Der nächste stellt sich nebendran. Die nächsten ebenso. Ohne, dass jemand ‚was sagt, stellen sich die Leute automatisch in eine Schlange entlang der Bushaltestelle und steigen in genau dieser Reihenfolge vorne in den Bus ein.
Das System gefällt mir. Es ist so… entspannt. Es gibt kein Drängeln beim Einsteigen. Kein Durcheinander. Diszipliniert steigen die Leute in fester Reihenfolge ein und gehen meist auch so weit wie es geht durch den Bus, damit vorne Platz für die nachfolgenden Leute bleibt. Warum macht man das bei uns nicht so?
Donnerstag, 09. Dezember 2010 | Abgelegt unter
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