Mit Deutschland gekennzeichnete Beiträge
Wieder zu Hause
Das war’s. Wo ist die Zeit hingegangen? Ich bin doch erst vor ein paar Wochen nach Madrid gezogen, oder?! Ich bin wieder zu Hause.
Es ist ein komisches Gefühl; eine Mischung aus Trennungsschmerz von einer Stadt und vielen wunderbaren Menschen, die ich kennenlernen durfte, und dem guten Gefühl, wieder in vertrauter Umgebung zu sein. Mit ebenfalls vielen wunderbaren Menschen, auf die ich mich mindestens genauso freue, wie ich es bedaure, hier andere Menschen „zurück zu lassen” (?). Es ist traurig zu gehen und schön, wieder zu kommen. Komisch.
Aber es ist auch nicht wirklich ein „hartes Ende”. Ich werde sicherlich noch etliche Male nach Madrid fliegen und dort viele Leute wiedersehen. Zudem freut es mich, dass einige demnächst nach Deutschland kommen werden, für Praktika und um zu arbeiten. Arbeit gibt’s in Spanien ja aktuell nicht gerade ausreichend, besonders für junge Menschen. Ich werde hier also schon in einigen Monaten einige Menschen wiedersehen — die sogar um die Ecke im Rhein-Main-Gebiet wohnen werden. Eine wird wahrscheinlich sogar in Darmstadt arbeiten. Praktisch! 🙂
Dieses Blog werde ich weiterführen. Ich habe noch viele Notizen, aus denen Beiträge entstehen sollen. Ich ärgere mich etwas über mich selbst, dass ich im Juni nicht mehr die Zeit und Lust gefunden habe, dass alles noch zu schreiben. Naja.
Einen ausführlichen Rückblick will ich noch schreiben. Die Zusammenfassung wird sein: Es hat sich alles gelohnt. Und es war insbesondere eine exzellente Entscheidung, alles ohne „Hilfe” des Fachbereichs selbst zu machen.
Jetzt brauche ich erst mal etwas Ruhe zur „Neuorganisation”. Zum Ankommen in „der Vergangenheit” (von der Umgebung her). Irgendwie fühlt es sich so an. Dabei wird die Zukunft auch in „alter Umgebung” sicherlich nicht mehr so werden, wie die Vergangenheit dort war. Naja. Mal sehen.
Gold-Rot-Schwarz
Das habe ich hier jetzt schon zweimal gesehen. Kommt komischerweise nur bei der deutschen Flagge vor. Wohl zu viel Tagesschau geschaut… (Ja, ich weiß, da war’s anders…)
Jugend mit ungewisser Zukunft
Die Arbeitslosigkeit im Allgemeinen und die Jugendarbeitslosigkeit (bis 25 Jahre) im Speziellen ist seit Jahren ein großes Problem in Spanien. Ein sehr großes Problem. Wenn mir jemand im Gespräch sagt, er mache etwas anderes als ein Praktikum oder eine Aushilfsstelle, fällt mir das schon auf.
Halbstaatliche Organisation scheinen laut einer Bekannten ungeachtet den Nutzens möglichst viele Praktikanten einzustellen, die zwar die meiste Zeit dann nicht wissen, was sie machen sollen, aber wenigstens „Arbeit” haben. Auf dem Papier jedenfalls. Eine andere, die sich hier nach einer Stelle umschaut, berichtete von Erlebnissen wie folgendem: „Um 8 Uhr wird in einem Online-Stellenportal eine Stelle annonciert und um 10 Uhr sieht man, dass sich über das System schon knapp 2.000 / 4.000 Leute mit ihren Unterlagen dort beworben haben.” (Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, ob von 2.000 oder 4.000 Bewerbern die Rede war. Aber egal, das spielt dann eigentlich auch keine Rolle mehr…)
Nach den aktuellen Zahlen von Eurostat ist Spanien Rekordmeister in den Disziplinen allgemeine Arbeitslosigkeit mit 20,5% und Jugendarbeitslosigkeit mit 43,5%. Und diese Zahlen geben aufgrund verzerrender Faktoren wie üblich nur eine untere Schranke an.
Dann versteht man auch, dass es hier wie im ganzen Land sehr häufig Demonstrationen und weitere Aktionen besonders von jungen Menschen gibt. Das (im doppelten Sinne) linke Flugblatt, dass seit einigen Tagen hier öfters zu sehen ist, ist eines von vielen, welche die Schizophrenie unserer Gesellschaft schön darstellen. Oben steht übersetzt „Gegen das Prekariat in den Hörsälen — Wir wollen Stipendien und keine Hypotheken!” und unten „Wir retten die Banken, wir zerstören die Bildung.”
Eine „vorerst befristete” (wir kennen das ja aus unserer Geschichte) Lösung für immer mehr junge Menschen ist die Auswanderung — besonders nach Deutschland. Merkel hat bei ihrem Madrid-Besuch im Februar besonders für junge und qualifizierte Arbeitslose deren Einwanderung nach Deutschland vorgeschlagen. Der lokalen Presse nach zu Urteilen wurde dies auch von der Regierung stark begrüßt. Ich habe sogar schon mindestens zwei Ankündigungen von Informationsabenden für Auswanderungswillige nach Deutschland gesehen. Zwei Bekannte von mir wollen auch schon den Sommer nach Deutschland für Praktika mit Stellenaussicht — es gäbe da „unglaublich viel”.
Vertrauen
Kürzlich habe ich mich hier mit einem Studenten unterhalten, der ein halbes Jahr lang in Hamburg lebte. Etwas, das ihn besonders beeindruckte, war das Vertrauen, das man in Deutschland fremden Menschen entgegenbringt.
Kaum Sicherheitspersonal in Geschäften! Weder in kleinen noch in großen! Keine Einlasskontrollen an Supermärkten, die mitgebrachte Rucksäcke „versiegeln” oder Taschen gleich komplett in eine „Schutzfolie” einschweißen — man darf sogar eigene Tüten mitbringen! Nicht überall Kameras auch in in den kleinsten Ecken! Keine permanenten Hinweise mitten in Regalen, die auch demente Menschen alle paar Minuten an die elektronische Sicherheitsvorrichtungen an den Waren erinnern! Kaum Sicherheitspersonal in den Bahnen! (Jedenfalls im Vergleich zu hier.) Man kann sogar in Bahnen steigen, ohne durch Sicherheitssperren zu müssen! Und in Bussen (zumindest tagsüber) auch hinten einsteigen! …
Angeblich — das kann ich natürlich nicht überprüfen — habe er es sogar mal ausprobiert und in einem Geschäft einige Sachen in aller Seelenruhe, ohne sich zu verstecken, in seinen Rucksack gesteckt und damit rausgegangen, ohne das es jemanden interessiert hätte. „In Deutschland erwartet man, dass die Menschen ehrlich sind; alles andere darf es nicht geben und gibt es damit auch nicht.” (Sinngemäße Wiedergabe; kein wörtliches Zitat.)
Nachdem ich so darüber nachgedacht (und mit ihm etwas diskutiert) habe, sehe ich es tendenziell auch so. Wobei die „Ausprägungen des Misstrauens” in einer Weltstadt wie Madrid mit relativ hohem Ausländeranteil natürlich stärkeren Ausdruck finden. Aber auch außerhalb Madrids wäre das ähnlich, wenn auch nicht so schlimm. Kann sein. Ich werde das mal im Auge behalten…