Straßenreflexion

Die Demons­tran­ten haben von Anfang an ange­kün­digt, die „Bela­ge­rung” der Sol bis zu dem Wahl­sonn­tag auf­recht erhal­ten zu wol­len. Die Lokal­re­gie­rung hält dies für ille­gal, hat die Poli­zei aber bis­lang zurück­ge­hal­ten, wenn man von einem Räu­mungs­ver­such am Diens­tag abend absieht.

Am Don­ners­tag abend wur­de eine Ent­schei­dung des — sinn­ge­mäß über­setzt — Wahl­kom­mi­tees bekannt, nach­dem die Demons­tra­tio­nen am Sams­tag und Sonn­tag nicht statt­fin­den dür­fen. Dazu muss man als Hin­ter­grund sagen, dass das spa­ni­sche Wahl­recht vor­sieht, dass weder am Wahl­tag selbst als auch einen Tag davor poli­ti­sche Ver­an­stal­tun­gen statt­fin­den dür­fen. Es gibt dafür den schö­nen Aus­druck der „Tag der Reflexion”.

Doch spät am Frei­tag sind deut­lich mehr Men­schen auf der Sol gewe­sen als die bei­den Tage zuvor. Kurz vor Mit­ter­nacht war auch in den vie­len Stra­ßen, die zur Sol füh­ren, kaum noch ein Durch­kom­men mög­lich. Nach ers­ten Schät­zun­gen waren gegen Mit­ter­nacht knapp 20.000 28.000 Men­schen (nach neue­ren Schät­zun­gen vom Sams­tag) auf und um die Sol her­um ver­sam­melt, die sich damit dem Ver­bot wider­setz­ten. Die Poli­zei ver­hielt sich zurück­hal­tend wie die Tage zuvor. Aller­dings wüss­te ich auch nicht, wie die Poli­zei eine Ver­samm­lung die­ser Grö­ße auf­lö­sen sollte.

Die Demons­tran­ten skan­dier­ten ins­be­son­de­re um Mit­ter­nacht her­um öfter als sonst. An vie­len Orten mit­ten­drin hat es Klein­kunst­auf­füh­run­gen gege­ben, die aus­gi­big beklatscht wur­den. Ab halb zwei her­um ist es auf der Sol etwas „luf­ti­ger” gewor­den. Vie­le Demons­tran­ten haben sich auf die angren­zen­den Plät­ze und Stra­ßen ver­teilt. (Fol­gen­des Bild zeigt einen etwas wei­ter ent­fern­ten Platz.)

In ganz Spa­ni­en waren laut der aktu­el­len „Twit­ter­la­ge” erneut meh­re­re hun­dert­tau­send Men­schen auf der Stra­ße. Aus Bar­ce­lo­na wer­den 45.000 Teil­neh­mer gemel­det — aber bis­her habe ich dafür kei­ne offi­zi­el­le Quel­le gefunden.

Für den Erfolg der Demons­tran­ten wird das nun begin­nen­de Wochen­en­de ent­schei­dend sein. Soll­ten die Pro­tes­te nach dem Wahl­sonn­tag abflau­en, wer­den sie wahr­schein­lich nur als Rand­no­tiz in Erin­ne­rung blei­ben und könn­ten nach mei­ner Ein­schät­zung bei vie­len jun­gen Men­schen zu einer wei­te­ren Demo­ra­li­sie­rung füh­ren. Was wir auch in Deutsch­land mer­ken könn­ten — wie ich schon in frü­he­ren Bei­trä­gen schrieb, besteht beson­ders bei den bes­ser qua­li­fi­zier­ten Jugend­li­chen eine sehr hohe Aus­wan­de­rungs­be­reit­schaft — beson­ders stark nach Deutsch­land. Span­nend wird auch sein, ob die Poli­zei im Lau­fe des Wochen­en­des doch noch den Befehl zur Räu­mung bekom­men wird.