Die Woche nach den Wahlen
In dieser Woche war es in Madrid bezogen auf die Proteste relativ ruhig. (Und bei mir in Bezug auf deren Beobachtung auch, da ich die gesamte Woche über Besuch bei mir hatte.) Hauptaufreger war die gewaltsame Niederschlagung der Proteste in Barcelona. Wahrscheinlich war es deswegen am Freitag Abend / Nacht wieder sehr voll an der Sol; die Tage zuvor, an denen ich immer mal wieder vorbeischaute, war die Sol ungefähr halb voll. Auch wenn es zynisch klingt — die gewaltsame Niederschlagung in Barcelona hat der Bewegung „geholfen” in dem Sinne, dass sie in der Berichterstattung wieder nach vorne gerückt ist und wahrscheinlich auch die Motivation vieler erhöht hat, zu bleiben.
Der Anblick der Puerta del Sol hat sich im Vergleich zur Vorwoche etwas geändert. Es gibt mittlerweile deutlich mehr an Laternen befestigte Zeltplanen, Zelte und Stände. An den Ständen gibt es Infomaterial, Sitzgelegenheiten zur thematischen Diskussion und viele „Infrastruktureinrichtungen”. Mir ist schon letzte Woche aufgefallen, dass die Demonstranten sehr gut organisiert sind. Es gibt Arbeitskreise für Kommunikation, Reinigung, Verpflegung, Presse, Recht, Veranstaltungen, usw. Auf der Webseite der Bewegung 15M gibt es eine Übersichtsgraphik (auch links: CC-Lizenz), ebenfalls interessant in diesem Zusammenhang ist eine große Schaugraphik von El País mit weiteren statistischen Daten über die Demonstranten.
Dass die „Hauptdemonstration” an der Sol die Woche über nicht mehr so voll wie letzte Woche noch war, könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass sich die Proteste dezentralisieren — selbst innerhalb Madrids. Es gibt mittlerweile Arbeitsgruppen, um die Proteste in die Stadtteile zu tragen. Dies könnte meines Erachtens durchaus zu einer Vergrößerung der Proteste führen, da sich dann deutlich mehr Menschen daran beteiligen können. Denn Madrid ist sehr groß. Von den über 3 Millionen Einwohnern im engeren Umkreis (mit Umland leben hier 6,5 Millionen Menschen) gibt es viele, die 1–2 Stunden brauchen, um mit der Metro oder anderen Verkehrsmitteln zur Sol zu gelangen. Bei Protesten „vor der Haustür” werden sich womöglich mehr Menschen beteiligen.
Das linke Bild zeigt ein Plakat für eine Stadtteilversammlung letzten Samstag — von dem ich aber leider nichts berichten kann, da ich aufgrund meines Besuches nicht dort hin konnte. Laut El País kamen gestern in 41 Stadtteilen und 80 Städten innerhalb der Metropolregion Madrid mehrere tausend Menschen zu den lokalen Versammlungen. Nächstes Mal werde ich mir das wohl mal anschauen. Das untere Bild zeigt eine „Protestwand” mit Plakaten wie an der Sol, von denen hier immer mehr auftauchen. Mal schauen, wie es weiter gehen wird.
Hallo Andreas,
danke für deine Berichterstattung, ist immer interessant sowas von Menschen zu lesen, die man kennt, statt nur in der Presse.